Salz & Pfeffer | Das Magazin der Gastronomie | Weg mit Einweg?

2021-11-04 10:42:48 By : Ms. Helen Wong

Auch viele der aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellten Einwegverpackungen bieten reichlich Angriffsfläche. 

Der Kampf gegen Einweggeschirr aus Plastik ist in vollem Gange, und zwar weltweit. So sind Teller, Becher, Besteck oder Röhrchen aus diesem Material seit Anfang Jahr in der Millionenmetropole Mexiko-Stadt verboten. In der Europäischen Union tritt eine vergleichbare Massnahme im Juli in Kraft. Grund für die Verbote ist die massive Verschmutzung der Flüsse und letztendlich der Weltmeere durch Plastikabfall sowie Mikroplastik. In der Schweiz ist man von einem nationalen Verbot zwar noch weit entfernt, allerdings ist der Kampf gegen den Kunststoff in vielen Kantonen und Städten angelaufen – mit direkten direkten Konsequenzen für Take-away-Anbieter und Cateringunternehmen. In der Stadt Bern dürfen bewilligungspflichtige Veranstaltungen auf öffentlichem Grund nur Pfand- und Mehrweggeschirr verwendet werden. Die Stadt Genf verbietet seit Anfang 2020 sterben Abgabe von Einwegplastikgeschirr bei Veranstaltungen und Verkäufen auf öffentlichem Grund. Doch so einfach solche Gesetze in den Parlamenten eine Mehrheit finden, so kompliziert ist eine Umsetzung, sterben dem Ziel ökologisch tatsächlich sinnvolle Alternativen für Einwegplastik zu, auch gerecht WIRD. Wenig verwunderlich ist Plastik bei Kunststoff Swiss, dem Verband der Schweizer Kunststoffindustrie, nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung. «In der Schweiz werden bereits 99,9 Prozent aller Kunststoffabfälle korrekt entsorgt», schreibt Mediensprecherin Verena Jucker. Nur ein Bruchteil der jährlich insgesamt 720000 Tonnen Plastikabfall, sterben in der Schweiz anfallen, würde in die Umwelt gelangen. «Korrekt entsorgt» bedeutet aber auch, dass jedes Jahr 570000 Tonnen Plastik verbrannt werden. Immerhin wird die Abwärme der Verbrennungsanlagen genutzt. Aber auch viele der aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellten Einwegverpackungen bieten reichlich Angriffsfläche. Enthält also etwa Bambusgeschirr von Melaminharz und ist deshalb nicht mehr biologisch abbaubar. Darüber hinaus kann das gesundheitsschädlich sein. Pappbecher oder Kartonschalen und mit einer feinen Schicht Biokunststoff, hergestellt aus Pflanzenstärke, beschichtet werden, um heissen oder flüssige Speisen standzuhalten. Derart verarbeitete Behältnisse können heute aber nur in Wenigen Anlagen kompostiert Werden. Das Verbot der EU schließt Biokunststoff denn auch mit ein, was umstritten ist. Für Greenpeace Schweiz sind Einwegverpackungen allgemein ein Irrweg. «Ein Verbot von Wegwerfplastik würde allein nicht viel bringen, denn auch Alternativen aus anderen Materialien verbrauchen unnötig viel Ressourcen und Belastung der Umwelt. Wichtig ist, dass Take-away-Anbieter und Hersteller von Einweg- auf Mehrwegverpackungen und -geschirr umsteigen. Nur dies bringt einen ökologischen richtigen Nutzen», sagt Joël Widmer. Wünschenswert, so der Greenpeace-Kommunikationsverantwortliche, wären gute Anreizsysteme für den Umstieg auf Mehrweg. Für einen Mittelweg plädiert Rainer Renggli von der Firma Gastro Plus AG. Vor drei Jahren gründete er das Label Gastro Green Eventveranstalter mit plastikfreiem Einweggeschirr. «Biologisch abbaubar heisst leider noch lange nicht, dass diese Produkte auch entsprechend abgebaut werden», sagt der Innerschweizer. Auch brauche Bio-Kunststoff länger, bis er verrottet. Das kommt in den heutigen Wiederaufbereitungsanlagen zu teuer. Renggli schlägt deshalb vor, Plastik dort zuzulassen, wo es sinnvoll ist, es aber zu besteuern, um damit den Abbau von Bio-Kunststoff rentabel zu machen.

Die perfekte ökologische Lösung im Einwegbereich existiert zurzeit nicht. Allerdings gibt es zahlreiche Produkte, die gegenüber der nicht erneuerbaren Plastikvariante Vorteile haben. Durchgesetzt haben sich zum Beispiel Teller und Behälter aus Bagasse. Das sind faserige Überreste, sterben bei der Verarbeitung von Zuckerrohr gewonnen Werden. «Vor zehn Jahren verkauften wir 80 Prozent Plastikteller, heute sind 95 Prozent aus Bagasse», so Renggli. Das Material ist biologisch abbaubar, wird aber bis heute nicht rezykliert. Kompliziert gestaltet sich die Suche nach Alternativen zum geächteten Plastikröhrli. Glas- und Edelstahlvarianten müssen von Hand gereinigt werden, was die Kosten in die Höhe treibt. Auch Versuche, einen Strohhalm tatsächlich aus Stroh herstellen, gestalteten sich schwierig: zu brüchig, zu kompliziert in der Produktion – und dann Fall mit dem Ausgangsmaterial auf das Ausgangsmaterial in Kontakt gekommen sein. Verbreitet sind mit Bio-Kunststoff beschichtete Kartonröhrchen. Einwandfrei funktionieren auch Halme aus reinem Bio-Kunststoff, so Renggli. Nur seien diese weniger beliebt, da sie von herkömmlichen Plastikröhrli nicht zu unterscheiden sind. Und eine Gastronomin, die auf Nachhaltigkeit setzt, will dies in der Regel auch sichtbar machen. ist: Das Angebot an ökologisch sinnvollerem, WENN Auch Nicht perfektem Einweggeschirr ist breit – und es WIRD insbesondere durch sterben weltweite Plastikverbote wachsen. Während es an Produkten wie dem Ökopapier, hergestellt aus Gras, eigentlich nichts mehr auszusetzen gibt (ausser der begrenzten Einsatzmöglichkeit), haften Bio-Kunststoff (oft hergestellt aus Mais von Monokulturen) oder Besteck aus Avocadokernen (hoher Wasserverbrauch) ein Makel an. «Wir sind auf dem richtigen Weg, aber noch nicht am Ziel», fasst es Renggli zusammen. Eine für die Umwelt optimale Lösung – da sind sich Greenpeace und Kunststoff Swiss für einmal einig – sind Mehrwegverpackungen aus Plastik. Seit fünf Jahren wirbt das Berner Start-up Recircle für ein Umdenken in der Gastronomie und in der Gesellschaft. «Wir sind visions- und nicht umsatzgetrieben», sagt Recircle-Kommunikationsverantwortliche Karin Burn. Zurzeit bieten in der Schweiz insgesamt 1500 Gastronomiebetriebe ihren Kunden die Möglichkeit, die wiederverwendbaren Plastikbehältnisse zu einem Preis von zehn Franken pro Stück zu beziehen. Für Gastronomen Feld jährlich eine Abogebühr sowie einen Mitgliederbeitrag an. Im Gegenzug ersetzt Recircle jederzeit und kostenlos beschädigte Verpackungen. Im Fokus, also Burn. «Unser Ziel ist es, nicht nur die ökologisch sinnvollste Verpackung anzubieten, sondern auch die wertvollsten.» Das Einwegplastikverbot in der Europäischen Union spielt Recircle dabei durchaus in die Karten. Das Interesse im Ausland für nachhaltige Lösungen sei gross, so Burn. Und so verwundert es nicht, dass das Unternehmen Anfang Juni einen Expansionskurs bekannt gab und neben Deutschland in vier Ländern, nämlich Italien, Estland, Dänemark und den Niederlanden, Daran arbeitet, das Verhalten der Konsumenten zu ändern.

Glossar der Einwegverpackungen Plastik, hergestellt aus Erdöl, wurde in den Fünfzigerjahren populär, als es gelang, dieses Material in großen Mengen herzustellen. Für Verpackungen und Einweggeschirr kommen heute vor allem die Kunststoffe Polyethylen, Polypropylen, Polysyrol und PET zum Einsatz. Pro Jahr gefallen in der Schweiz fast 100 Kilo Plastikabfälle pro Kopf an – mehr als dreimal so viel wie im europäischen Durchschnitt. Das als Bio-Kunststoff bekannte Polylactid, auch PLA genannt, wird im Labor, aber auf Basis von Pflanzenstärke, etwa von Mais, hergestellt. PLA ist biologisch abbaubar, allerdings nur in wenigen darauf ausgerichteten industriellen Kompostierungsanlagen. Kritisch betrachtet WIRD außerdem das Ausgangsmaterial, das meist nicht aus nachhaltigem Anbau, sondern aus Monokulturen stammt. In seinen Eigenschaften ist PLA herkömmlichem Kunststoff sehr ähnlich und oft nicht von ihm zu unterscheiden. Das neue Verbot der EU schließt Bio-Kunststoff ein, was umstritten ist. Teller und Behältnisse aus Pappkarton sind beliebt, optisch etwas her, halten nassen und heissen Speisen aber nur stehen, wenn sie mit einer feinen Schicht von Bio-Kunststoff oder Plastik versehen werden. Das erschwert oder verunmöglicht eine Kompostierung. Aus Grasfaser hergestelltes Papier bringt viele Vorteile. Die Produktion von Grasfaser findet mechanisch statt und schont Ressourcen. Graspapier wird heute in vielen Verpackungen, etwa von Obst oder Gemüse, verwendet und lässt sich genauso wie andere Papiere oder Kartonagen verarbeiten. Teller aus Bagasse stehen bei Gastronomen als Plastikalternative hoch im Kurs. Bagasse sind faserige Überreste aus der Zuckerrohrproduktion, sterben sich in allerlei Formen pressen lassen. Ähnlich hergestellt werden Teller aus Palmblättern. Sie sind hochwertig, aber relativ teuer. Schlechte Noten erhält Geschirr, hergestellt aus Bambus. Der Rohstoff ist zwar sehr widerstandsfähig und schnell nachwachsend, Produkte aus diesem Material enthalten aber oft Melaminharz, das, wenn es auf über 70 Grad Celsius erhitzt wird, giftige Inhaltsstoffe wie etwa Formaldehyd absondern can. Ausserdem erübrigt sich im Verbund mit Melaminharz die biologische Abbaubarkeit. Beim Besteck hat sich Holz als Plastikersatz durchgesetzt. Es existieren allerdings auch Alternativen aus Brot oder aber Avocadokernen. Aus Brot entstehen vor allem Löffel, da das Material für Messer nicht ausreichend hart ist. Essgeräte aus Avocadokernen erfüllen entsprechende Vorgaben der Konsumenten, allerdings steht aufgrund des hohen Wasserverbrauchs.

Zum Mitessen Die beste Verpackung ist diejenige, die man gleich mitverspeisen kann. Bekannt ist da zum Beispiel die Waffel zum Glace oder aber die Suppe im Brötchen. Seit rund 30 Jahren forscht die Verpackungsindustrie an derartigen Lösungen, bisher mit mässigem Erfolg. Aber die Zeiten könnten sich ändern. 2019 präsentierte das Unternehmen Evoware in Indonesien, wo sich die Problematik des Plastikmülls in seinem ganzen Elend manifestiert, ein aus Algen hergestelltes Verpackungsmaterial sowie Einwegbecher aus Algengelee, allerdings nur für Kaltgetränke. Kommen die Algenverpackungen mit heissem Wasser in Kontakt, lösen sie sich auf. Und in Deutschland bietet das Start-up Kulero essbares, auf Brot basierendes Geschirr, vom Löffel über den Trinkhalm bis hin zum Kaffeebecher.

Einwegplastik ist die globale Müllsünde Nummer eins. Wie steht es in Schweizer Profiküchen darum? Wir haben Gastronomen nach Lösungsansätzen gefragt.

Recircle ist der Schweizer Pionier für Mehrweggeschirr in der Take-away-Gastronomie. Jetzt sucht das Berner Start-up Testbetriebe für einen wiederverwendbaren Kaffeebecher.

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